Bewertung der Folge 43
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Super (35) 81%
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Gut (8) 19%
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Durchschnitt (0) 0%
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Ausreichend (0) 0%
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Schlecht (0) 0%
[center]Der zweite Doctor, Jamie und Zoe landen wieder mal auf der Erde - und zwar mitten im ersten Weltkrieg, wo sie sofort zwischen die Fronten geraten. Aber nicht alles ist so wie es zunächst scheint, mordlustige römische Kohorten und Soldaten aus dem amerikanischen Bürgerkrieg tauchen auf. Sind unsere Helden wirklich auf der Erde? Um den wahren Feind zu besiegen, muss der Doctor alte Bekannte zu Hilfe rufen - was ihn letztendlich alles kostet. Wirklich alles.[/center]
Super, fantastisch, großartig, herrlich, toll, faszinierend. Oder auch nur einfach ganz große Klasse. Mit zehn Teilen ist "The War Games" eine der längsten Folgen überhaupt. Und obwohl sich objektiv gesehen so einiges wiederholt, viel hin und her gerannt wird und mehr als einmal handlungsmäßig nicht gerade viel weitergeht, habe ich mich keine einzige Sekunde gelangweilt.
Schon der Anfang ist toll, ein wahrhaft explosives Intro zeigt von Anfang ein ein zerbombtes und deutlich kriegsgeprägtes Setting, das die ganze Folge schon allein atmosphärisch auszeichnet. (Steven Moffat dürfte ein Fan sein, die Gasmasken haben mich schwer an "The Empty Child" erinnert.) Schnell wird dann ein packendes Mysterium aufgebaut: Mit wem spricht General Smythe? Wer ist er überhaupt und was hat er vor? Und warum haben die Soldaten deutliche Gedächtnislücken? Und warum zur Hölle landet die TARDIS-Crew bei ihrer Flucht plötzlich inmitten der alten Römer?
All diese Rätsel sind mehr als spannend, wobei von Kapitel zu Kapitel mehr Antworten geliefert werden. Und die sind wirklich stark: Tatsächlich hat eine eroberungssüchtige Alien-Rasse (die allerdings stark humanoid aussehen ) Soldaten der verschiedensten Kriegsepochen von der Erde entführt und lässt sie mit Hilfe einer Gehirnwäsche auf einer nachgestellten "Erde II" verschiedenste Kriege gegeneinander "spielen", um so rauszufinden, welche die besten Krieger für einen kommenden Feldzug zur Unterwerfung des Universums sind. Nur die willensstärksten unter den entführten Menschlingen schaffen es, ihre Programmierung zu überwinden und sich gegen die Unterdrücker zu stellen. Großes Thema und gut präsentiert.
Was ich wirklich toll fand, dass so gut wie alle Soldaten charakterlich recht gleichwertig dargestellt wurden, sogar die Deutschen kamen nicht schlecht weg. Was ich für eine Folge aus den 60ern bemerkenswert finde. Und das gesprochene Deutsch war gar nicht so übel, fast nicht zum Lachen. Aus patriotischen Gründen muss ich natürlich auch noch festhalten, dass sogar die guten alten Habsburger erwähnt werden, als "The Austro-Hungarians".
In weiterer Folge darf man ein wenig rätseln, was es mit dem War Chief auf sich hat. Er unterscheidet sich offenbar von den anderen Kriegsspielern, und im Laufe der Handlung wird klar warum: Wie der Doctor ist er ein flüchtiger Timelord. Im Gegensatz zu unserem altruistischen Held hat er aber nicht ganz so nette Dinge vor, er will nicht weniger als der "Supreme Galactic Ruler" werden. Was in seinem Fall nicht mal vermessen oder wahnsinnig rüberkommt, seine Pläne sind durchaus erfolgversprechend. Und er tut das ganze auch nicht aus reiner Freude am Garstig sein, sondern will das Universum pazifizieren. Herrlicher Charakter, den man gerne wieder "ausgraben" dürfte.
"The War Games" wartet insgesamt mit derart vielen tollen (und vor allem gut gespielten) Figuren auf, dass man sie kaum alle aufzählen kann:
Der heroische (und für einen Soldaten ziemlich clevere) Lieutenant Carstairs, der mehr oder weniger die Rolle eines Companions übernimmt. Ich habe es als regelrecht schmerzhaft empfunden, als dieser nette Kerl reprogrammiert wurde.
Die äußerst sympathische Lady Jennifer, die irgendwann mitten drin leider abgeschoben wird. Ein kompetentes und vernünftiges Frauenzimmer, die mich (positiv) an Barbara erinnert hat.
General Smythe, der mit seiner Farce eines Kriegsgerichtes gegen den Doctor schnell klar macht, wie fies er ist. Sein verdientes Ende ist eine große Genugtuung.
Der Security Chief, der zwar absolut überzogen böse gespielt wird, aber nie lächerlich wirkt. Seine Konflikte und Animositäten mit dem War Chief sind bemerkenswert gut geschrieben, im Endeffekt findet er sogar die nötigen Beweise dafür, dass sein Rivale mit doppelten Karten spielt. Was er allerdings nicht lange überlebt.
Ganz große Klasse ist der War Lord. Wird nie laut, sagt nicht allzu viel und wirkt wohl gerade deshalb extrem bedrohlich und charismatisch. Und durch seine eigenartigen überdimensionierten Augengläser etwas verrückt.
Den größten Spaßfaktor bietet Mexikaner Arturo Vilar ("My Gun´s the BEST"). Herrlich seine Konflikte mit Zoe ("Women should never think." - "For such a small woman your mouth is too big."), die den Chauvinismus mit Fassung trägt. ("He´s got rather primitive ideas about women having their place.")
Zoe ist hier überhaupt brilliant. Ich habe sie bei anderen Folgen wegen ihres etwas eigenen Organs gehasst, aber mittlerweile habe ich mich an ihre Stimme gewöhnt und mag sie sehr. Keine Sekunde zweifelt sie am Doctor, stets handelt sie klug und besonnen, bleibt aber trotz ihrer Megaintelligenz stets sehr einfühlsam. In einer Szene schaut sie leicht betrübt zu Boden, als ihre Verbündeten gegnerische Soldaten töten. Toll gespielt, nach dem Motto "Ich weiß, es ist notwendig, aber ich hasse es.")
Der größte Star - und so soll es ja auch sein - ist eindeutig der Doctor selbst. Ununterbrochen tüftelt er, plant er, rennt er und werkelt er und versucht, alles zum Besseren zu wenden. Dass ich Patrick Troughton wahrscheinlich zusehen könnte, wie er das Telefonbuch vorliest, und das immer noch unterhaltsam finden würde, ist wahrscheinlich auch kein Nachteil.
Schon Teil 1 bis 8 haben mir super gefallen, nicht zuletzt auch wegen vielen wirklich spannenden Cliffhangern (Wer ist General Smythe, die Hinrichtung des Doctors, der Zeitsprung zu den Römern, Carstairs bedroht Zoe, der War Chief zerdrückt den Doctor und Companions mit der TARD..., äh SIDRAT, der Doctor verrät seine Freunde etc.).
Im großen Finale ist "The War Games" qualitativ aber fast noch mal explodiert. Der War Chief enthüllt, dass keine Möglichkeit besteht, all die entführten Menschlinge zurück zu bringen, was den Doctor zu einem verzweifelten Schritt greifen lässt. Er ruft die Timelords und flüchtet dann voller Panik vor seinen Leuten. Er weiß, was auf ihn zukommt. "I tend to get involved with things", meint er zu Recht, und das findet nicht die Zustimmung der Timelords. Die verzweifelte Flucht mit der TARDIS überzeugt sogar optisch, die Landung im Meer sieht wirklich gut aus. Als dann Wasser reintropft, wird immer klarer, dass eine Flucht nicht möglich ist.
Zunächst machen die Timelords dem War Lord den Prozess, agieren ungewohnterweise mit ziemlich fantastischen Superkräften und sperren die Rasse der Kriegsspieler für alle Ewigkeiten auf ihrem Planeten ein. Nicht genug Strafe für den Anführer, er wird dematerialisiert. Trotz ihrer geduldigen Sprechweise lassen die Timelords in "The War Games" nicht mit sich spaßen, und das muss auch der Doctor erfahren, der sich ebenfalls in einer Verhandlung rechtfertigen muss. Die im Gegensatz zu Colin Bakers "The Trial of a Timelord" voll und ganz funktioniert. ("All these evils I have fought, while you have done nothing but observe! True, I am guilty of interference. Just as you are guilty of failing to use your great powers to help those in need! I admit it, and I am PROUD of it. )
Wenn es eine ultimative Doctor-Szene gibt, die ihn selbst am besten auf den Punkt bringt, ist es wohl seine Erklärung zu Zoe am Anfang dieses Kapitels, warum er überhaupt geflohen ist:
"We consent simply to observe and gather knowledge."
"And that wasn´t enough for you?"
"No. Of course not. With a whole galaxy to explore? Millions of planets, eons of time, countless civilisations to meet?"
Zu erwähnen ist natürlich auch der Abgang von Jamie und Zoe. Warmherzig, traurig und schön gemacht. Der kumpelhafte, wehmütige Schulterklopfer gegen Jamie und der tieftraurige Blick von Zoe zeigen so klar, wie nahe sich diese TARDIS-Crew steht. Und das Schicksal von Donna Noble Jahrzehnte später nimmt wohl auch hier deutliche Anleihen: Die Timelords löschen die Erinnerungen der beiden Companions, nur ihr erstes Abenteuer mit dem Doctor wird ihnen bleiben. Zoes grübelndes "I thougt I´d forgotten something ... but it´s nothing." ist ein kleiner Stich ins Herz. Tolle Szene, und für mich eindeutig der bestgemachte Abschied, den Companions je hatten.
Continuitymäßig harmonieren die Timelords nicht so ganz mit ihrer späteren Darstellung, etwas eigenartig ist auch die Schlusssequenz, wo dem Doctor offenbar einfach ein neuer Körper verpasst wird. Nicht wirklich die Regeneration, die wir mittlerweile kennen. Ließe auch den Schluss zu, dass der Pertwee-Doctor noch dieselbe Inkarnation ist. Im übrigen scheint auch der War Chief tatsächlich zu sterben.
Aber diese kleinen Diskrepanzen haben mich nicht im geringsten gestört, nur ganz, ganz wenige Classic-Folgen konnten mich bislang so überzeugen wie "The War Games".