Etwas weniger als ein Monat noch bis zur Bundestagswahl.
Was denkt Ihr dazu? Interessiert euch die Wahl überhaupt? Werdet ihr wählen gehen? Wenn ja, seid Ihr entschieden für eine Partei und warum? Was denkt Ihr zu Merkel -- soll sie den Kohl machen und ihre 16 Jahre voll kriegen?
Ich bin etwas unschlüssig -- die CDU finde ich außenpolitisch gut, während ich dort die SPD schwach finde, die Linke völlig indiskutabel. Bei der Sozialpolitik ist es nahezu umgekehrt. Bürgerrechte sehe ich beim linken Flügel der FDP und dem rechten Flügel der Grünen am besten aufgehoben. Die CSU hat sich die letzten vier Jahre nur durch Blödsinn hervorgetan, wie ich finde. Die AfD finde ich in jeder denkbaren Hinsicht völlig indiskutabel. Die Linke ist allein deswegen unwählbar, weil ihrem gesamten linken Flügel das Rechthaben in Totalopposition wichtiger ist als Verantwortung dafür zu übernehmen, die Lage der Menschen zu verbessern -- viel heiße Luft und nichts dahinter. Und die FDP heischt mit allerlei merkwürdigen Stunts um Aufmerksamkeit, um dürftig zu verdecken, dass sie im Kern noch dieselbe Partei ist, die vor vier Jahren zu Recht aus dem Bundestag gewählt wurde.
Zum Personal: Merkel hat meiner Meinung nach ihre Sache passabel gemacht, aber 12 Jahre sollten reichen. Zumindest bei mir setzt langsam das Gefühl ein, sie einfach nicht mehr sehen zu können. Auch finde ich ihre Machterhaltungsmasche, nämlich jedes Thema der Opposition einfach zu ignorieren, jede Kontroverse auf Teufel-komm-raus zu vermeiden, notfalls einfach der Opposition die Waffe aus der Hand zu nehmen indem sie ihre Ideen aufgreift und umsetzt und damit "asymmetisch zu demobilisieren" in der Tat problematisch. Demokratie braucht Wettstreit und klare Alternativen, und zwar innerhalb des demokratischen Spektrums. Merkel hat keinerlei Meinung oder Haltung, abgesehen davon, dass ausschließlich pragmatische Problemlösung bereits ein Wert an sich sei. Damit mag sie sehr gut fahren, solange sie noch am Ruder ist, aber sie wird konservative Wähler vergraulen und wenn sie eines Tages geht, steht die CDU völlig entkernt da. Für Merkel spricht aber ihre internationale Erfahrung in unruhigen Zeiten.
Schulz finde ich sehr sympathisch und sehr überzeugend -- endlich mal wieder ein Politiker, der gut reden kann. In dem Sinne, dass er komplizierte Zusammenhänge einfach verständlich zusammenfassen und "Normalsterblichen" gut vermitteln kann. (Wobei mir das vielleicht nur so vorkommt, weil er besser reden kann als Merkel, was aber keine Kunst ist, weil *jeder* besser reden kann als Merkel.) Er hat eine klare Kante in vielen Fragen, und die Vorschläge der SPD (insb. zum Beispiel das Steuerkonzept) sind tatsächlich mal wieder lupenrein sozialdemokratisch, wie in den "guten alten Zeiten" (interessiert trotzdem keinen, obwohl alle immer gejammert haben, seit Schröder sei die SPD nicht mehr sozial). Aber kann er auch mehr als nur gut reden? Hat er das Zeug auch zu führen und umzusetzen? Kann man nicht wissen. Bei Merkel hat man immerhin den Spatz in der Hand.
Aber dann ist da die Koalitionsfrage: Was kommt überhaupt dabei heraus, wenn ich eine bestimmte Partei wähle? Gibt es überhaupt realistische Aussichten auf Mehrheiten für Koalitionen, in denen eine bestimmte Partei ihre Ideen wird umsetzen können?
Wenn man bedenkt, dass weder AfD noch Linke realistischerweise in eine Regierungskoalition eintreten, so ist eine Stimme für sie rein rechnerisch de fakto eine Stimme für Merkel.
Aber wenn man den aktuellen Umfragen glauben mag, dann ist das Rennen sowieso gelaufen und Merkel bekommt ihre weiteren vier Jahre. Aber kann man dem trauen? 2005 wäre so ein Vertrauen in die Umfragen für die CDU ja schon fast ins Auge gegangen.
Sollte man also taktisch wählen? FDP wählen, wenn man Schwarz-Gelb will? Oder Grüne, wenn man Schwarz-Grün will? Oder doch SPD, wenn man eine halbwegs starke Opposition will, ggf. mit Blick schon auf die Wahl 2021?
Hm... ich werde noch etwas zu überlegen haben die nächste Zeit...