Ich geb's s zu, ich bin schockiert wie versnobbt hier über Bücher geschrieben wird. Ich dachte, ich wäre hier der Literatursnob. 
@Balko
Wenn du dich wirklich mal auf Kinderbücher und Jugendbücher mit sogenanntem Anspruch einlassen willst, der Petit Prince von Saint-Exupéry wurde ja schon erwähnt. Wundert mich, dass der dir in der Schule noch nicht begegnet ist (oder man macht den nur noch im Französischunterricht? Was sehr schade wäre, in der Grundschule waren ein paar Freundinnen und ich da sehr große Fans von)
Von ähnlichem Kaliber ist Peter S. Beagles Last Unicorn. Nicht mit dem darauf basierenden Film gleichzusetzen, der, so hübsch und sentimental er auch ist, zu keiner Zeit die Tiefe, mit der sich das Buch mit doch recht komplexen Themen auseinandersetzt, erreicht. Das ist genau wie der Kleine Prinz ein Buch, was dir weiter oben gefehlt hat, das auf mehreren Ebenen verschiedene Zielgruppen befriedigt. Diejenigen, die unterhalten werden wollen bekommen eine Romanze zwischen dem Prinzen und der Jungfrau in Nöten, gespickt mit etwas Action, einem Monster, einem bösen König, einer fiesen Hexe und einem Comedy-Relief-Zauberer. Der sich nach mehr geistiger Beschäftigung Sehnende bekommt dazu eine sehr feinfühlige Erzählung über den sozialen Druck in den Augen der Gesellschafft seine Rolle spielen zu können, die Einsicht, dass alles stirbt, und die Konfrontation mit der Angst, am Ende seines Lebens nichts erreicht zu haben, auf das man mit Stolz oder Freude zurückblickt. Das alles kindgerecht verpackt mit Räuberbanden und singenden Schmetterlingen. Es steht zusammen mit Goethes Faust, erster Teil, und Im Westen nichts Neues auf der Liste meiner absoluten Lieblingsbücher ALLER ZEITEN!!!11!1! (und mit Storm of Swords und Good Omens und Return of the King und Macbeth und einem Teil von Sapkowkis Wiedźmin, weil Trivial- und Nerd-Literatur auch mehr als eine Anspruchsebene befriedigen kann, wie ihr zum Glück schon zugegeben habt :D).
Was sprachliche Kunst in Kinderbüchern mit weitaus weniger philosophischem Anspruch angeht, könntest du z. B. mal einen Blick in die Werke des Walisers Roald Dahl werfen (wenn dir generell an Britischer Literatur gelegen ist, ist der sowieso ein Muss). Neben makaberer, tiefschwarzer Erwachsenenliteratur (finde diese Kurzgeschichtensammlungen auch zu empfehlen) hat der einen ganzen Katalog an phantasievollen Geschichten voll mit Kunstworten geschaffen. Du wirst dich wundern wie bösartig einige davon auf Erwachsene wirken, aber eigentlich gut sehr kruden Kinderhumor einfangen.
Ein Kinderbuch, das ich letztes Jahr gelesen habe, und das mich sehr beeindruckt hat, war übrigens die literarische Vorlage zu der Musicalvorlage zu diesem Film, Warhorse. Habe weder Musical noch Film gesehen, noch habe ich das vor, aber das Buch ist IMO ein sehr gutes Beispiel dafür, wieso eine einfache Schriftsprache, und ein explizit sehr junges Publikum, nicht automatisch bedeutet, dass der Umgang mit dem Inhalt ebenso herabgesetzt ist. Das Buch kombiniert das weit verbreitete Genre vom Kind, bzw. Teenager, das/der mit seinem Tier-Companion (Hund/Katze/Pferd/Delphin/Stachelschwein/whatever) Abenteuer erlebt, mit dem Ziel, unter 10-Jährigen zu erklären, was es für eine Person bedeutet in den Krieg zu ziehen. Und das sehr erfolgreich. Die Sprache, d.h. Satzbau, rhetorische Mittel, sind simpel. Ebenso wird ein simples (es werden keine bis kaum Fremdwörter benutzt), aber nicht reduziertes Vokabular benutzt, was ich z. B. nicht von einem Buch mit derart junger Zielgruppe erwartet hatte, zumal es nicht zu diesen berühmten großen Werken mit Anspruchsdenken in der Jungendliteratur gehört, wie etwa der Kleine Prinz oder die ebenfalls schon genannte Unendliche Geschichte. Es verkauft die Kinder nicht für dumm, sondern nimmt sie ernst als Leser, die sich für das Schicksal aller Charaktere interessieren, und dem ständigen Wechsel der vielen auftretenden Figuren folgen können. Damit will ich jetzt nicht sagen, alle Erwachsenen sollen jetzt hingehen und das lesen, sonst verpassen sie was. Nein, tut das nicht. Aber wenn man mit offenen Augen und aufgeschlossenen Verstandes durch die Welt geht (bzw. durch einen Onlineversandhauskatalog browst
), findet man tatsächlich mehr als die okkasionelle Ausnahme von der Regel.
Ich finde daher nicht, dass Kinderbücher mit Anspruchsdenken so extrem viel mehr ertränkt werden, als moderne Erwachsenenliteratur mit Anspruchsdenken vom x-ten Thriller, vom x-ten Krimi, vom x-ten Beziehungsdrama ertränkt werden. Und dabei beziehe ich die Dan Browns und E. J. Jameses dieser Welt noch nicht mal in die Rechnung mit ein.
So etwas verlangt vom Autor großes handwerkliches Geschick, einerseits eine Handlung zu schreiben, die für die Kinder nicht langweilig ist, weil sie keinen Bezug zu ihrer Lebenswelt herstellen können, und andererseits das ganze so zu schreiben, dass die Kinder nicht für dumm verkauft werden. Das gilt gleichermaßen für die sehr kreative Schriftsprache von Roald Dahl bei den eher dem Unterhaltungszweck dienenden Plots in seinen Kinderbüchern, wie für die sehr simple Sprache in Morpugos Buch zum Thema Leiden und Sterben im ersten Weltkrieg.
Zitat
Und was ist der oberste Olymp? "The Lord of the Rings", Shakespeare, Ghoete, Schiller, Dinge, die auch aufgrund ihrer Entstehungszeit, sehr viel kunstvoller wirken und auch im Vergleich zu neueren Werken sind oder halt im Falle von LotR extra so verfasst wurden.
Du musst zugeben, dass der Satz da so noch ohne weitere Ausführungen etwas naiv wirkt. Allein, dass die Sprache der Werke heute etwas undurchdringlicher wirkt, ist ein recht arbiträres Kriterium, um etwas in einen Literarischen Olymp zu heben. Gerade Shakespeare ist eigentlich eher ein Trivialautor auf der Ebene. Seine Stücke sind nicht deswegen damals so populär gewesen, weil die Liebhaber schöner Sprache aus der Zeit nasse Höschen bekommen haben, wenn sie ein Stück von ihm angesehen haben, sondern weil diese Stücke nicht nur die oberen Schichten, sondern auch den Pöbel glänzend unterhalten haben. Für die oberen Schichten gab's die Tragödie, für die unteren Schichten Fäkalhumor und sexuelle Anspielungen. Dass ihm das gelungen ist, ist doch, was Shakespeare auf seine Weise genial macht, und was dafür gesorgt hat, dass seine Werke überdauert haben, und heute noch so viel gespielt und gelesen werden, während andere Playwrights vom selben Ort, aus derselben Zeit nicht mehr der breiten Bevölkerung präsent sind. Aber Shakespeare sprachlich mit sprachlich gehobenen modernen Werken zu vergleichen ist eher der falsche Ansatz.