So nach hinten raus
kommen sie dann doch in dieser Staffel: Die Fälle die nicht
hoffnungslos sind. Zwar haben auch sie mit fundamentalen Schwächen
zu kämpfen, so dass man immer ein ABER hinzufügen muss, aber
immerhin werden sie an einem Gerüst aufgehängt das mindestens
halbwegs kompetent aufgebaut wurde. Eine Woche zuvor hatte "Kerblam!" ein massives Message-Problem, aber immerhin hatte die Folge einen
Flow der sie unterhaltsam und gut wegguckbar machte. Unterhaltsam und
gut wegguckbar ist "The Witchfinders" ebenfalls. Einerseits liegt
das an Alan Cumming, einer der größeren Fische die in Doctor Who
mal Gaststar waren. Den Kritikpunkt dass seine "camp performance" nicht so recht zum ansonsten düsteren Ton der Folge passen will kann
ich zwar nachvollziehen, aber ich kann ihm nicht zustimmen. Es ist Overacting, ja,
aber das Schauspiel ist so bewusst und sicher gesetzt, dass sein King
James trotz Albernheiten aufrichtig und glaubhaft wirkt. Die Würde
ist da.
Das Fatale daran wenn man
sich einen exzellenten Schauspieler als Quasi-Antagonisten einkauft
ist jedoch Folgendes: Entweder beweist man dass der eigentliche Star
der Show dem Gast ebenbürtig ist – oder er stinkt im Vergleich ab
und offenbart seine schauspielerischen Grenzen. Und,
es tut mir leid, es ist nicht der erste Fall der hier auf Jodie
zutrifft. In den großen Gruppenszenen fällt es nicht so sehr auf,
aber in der zentralen King James/Doctor-Konfrontationsszene wird es
offensichtlich dass hier ein Schauspieler dem anderen nicht so recht
gewachsen ist. Dabei würde ich noch nicht mal sagen dass Cumming
Whittaker an die Wand spielt, denn so ein Arsch ist er nicht. Er
wirft ihr Bälle zu, bietet ihr Gesten und Mimik zur Gegenwirkung an,
Gelegenheiten um mit ebenso interessanten schauspielerischen
Entscheidungen zu kontern – aber sie rattert nur ein
Standardprogramm runter. Das ist schade, denn gerade in den
Auge-an-Auge Konfrontationen mit den Bösewichtern können sich
Doktoren prima profilieren und ihre Einzigartigkeit zur Schau
stellen, aber sie präsentiert an der Stelle nur einen stinknormal
vor sich hinflehenden Doctor und kommt dabei recht fad und blass
rüber. Und irgendwie auch unsicher. Hach Mensch, ey.
Hier an dieser Stelle
deswegen mal eine kleine Hoffnungsvermutung: Vielleicht funktioniert
sie als Audio-Doktor tatsächlich besser? Colin Baker finde
ich persönlich in seinen TV-Folgen auch nicht sonderlich
überzeugend. Aber immer wenn ich mir ein Big Finish-Hörspiel gebe
habe ich all die aufgesetzten Gesten und gestelzten Gesichtsausdrücke
nicht vor Augen, sondern nur die Stimme – und mein Gehirn kann sich
dann eine passende (und vor allem ECHT wirkende) Mimik hinzudenken.
Möglich dass das bei Whittaker dann auch so der Fall ist. Allerdings
ist der Doktor-Charakter von Colin deutlich stärker definiert
gewesen, und er war sich mit JNT einig wie der Charakter
dargestellt werden sollte. Bei Jodie und Chibnall
bin ich mir gar nicht mal so sicher ob da überhaupt tiefgehende Diskussionen
stattgefunden hatten, so geschmacksrichtungslos wie ihr Doktor
rüberkommt. Von daher, wer weiß.
Aber, äääh, wo war
ich?? Einerseits Alan Cumming... und andererseits ist das Script gar
nicht mal so scheiße, eigentlich. Statt dem ziellosen Geplänkel im Spinnenhotel oder der Wanderschaft auf diesem toten Sandplaneten,
haben wir eine Geschichte die immerzu Frage/Antwort spielt so dass
man als Zuschauer automatisch dranbleibt um zu sehen was als nächstes
passiert. Also, so wie Fernsehen eigentlich sein sollte.
Darüber hinaus ist Becka
Savage ein prima Zweit-Antagonist, und meiner Meinung nach auch der
interessanteste, wenn nicht sogar beste Antagonist der ganzen
Staffel. Was sie im Sinn hat sind nicht trashige
Universumseroberungspläne oder dergleichen, sie verkörpert einfach
nur klassisches menschliches Böse. Alles was sie will ist von ihren
eigenen Fehlbarkeiten abzulenken, und wenn sie dabei über Leichen gehen
muss (selbst über die ihrer Familie) ist ihr das völlig
recht. Fingerzeigen, anklagen, abmurksen. Sowas ist nicht gerade der
typische Doctor Who-Bösewicht. Normalerweise sind die immer
phantasischerer Natur und haben abstruse, nun ja,
Universumseroberungspläne, weswegen Antagonisten die aus ihrer
niedrigsten menschlichen Natur handeln dann umso bedrohlicher wirken.
Leider wird sie jedoch
gegen den Dritt-Antagonisten ausgetauscht. An ihre Stelle rückt ein
völlig generischer Alienbösewicht wie aus einem post-Gary Russell
Big Finish Main Range-Hörspiel mit einem ebenso generischen
Stimmenverzerrer – und die Folge furzt darüber dann auch ihre
Energie aus. Die letzten 10 Minuten schleppen sich dann
dementsprechend auch nur so dahin. Dieses Aliengefängnis-Blabla ist
mindestens 80 mal weniger interessant als die Hexenjagd und so
typisch generisch wie es halt immer bei Chibnall sein muss.
Aber nun ja, immerhin
gehen die ersten 40 Minuten völlig in Ordnung – und die allein
machen The Witchfinders zu einer der besseren Jodie-Folgen.
6,5/10